Lass das Kind in dir nicht verloren gehen
Auf Weihnachten zu kommt uns ein menschenfreundlicher Gott entgegen: als Kind, das uns die Kindlichkeit des Lebens eröffnet, das den Sinn für das Kind in mir weckt – welche Notwendigkeit! Erich Kästner sagt einmal: „Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch.“
In der Nähe des Kindes darf ich mein Kindsein neu gewinnen: hin und weg, verrückt, aus dem Rahmen fallen, träumen – nicht in einem romantischen Weihnachtssinne, der morgen ja schon wieder taub für den Zauber des Lebens wird, sondern in einem tieferen echteren, ja kritischen Sinn: Wir dürfen Menschen werden. Das Kind Gottes weckt das Kind in uns, rüttelt wach und fragt nach, wie es auch einmal Hermann van Veen in einem seiner Lieder tut:
Wer
Wer hat den Ernst in dein Gesicht gebracht
wer hat das Licht gelöscht in dir
wer hat die roten Wangen bleich gemacht
wer brach roh ein in dein Revier
wer nahm die Leichtigkeit
die Unbefangenheit
wer brachte dich um deine allerschönste Zeit?
Wer machte deine klaren Augen blind
wer trieb mit dir ein böses Spiel
wer tötete das unbeschwerte Kind
das immer aufstand, wenn es fiel
wer bremste deinen Drang
wer lehrte dich den Zwang
wer brach die Flügel dir, bevor der Flug gelang?
Wer ließ dich einfach in der Ecke steh‘n
wer hat dein Spielzeug dir zerstört
zu wem hast du vergeblich aufgeseh‘n
auf wen hast du umsonst gehört
wer hat nur unerlaubt
die Zukunft dir geraubt
wem hast du vorbehaltlos bis zum Schluss geglaubt?
Steffen Kaupp
Foto: Stefan Morgenstern
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