Gendern auf der Karlshöhe
„Sie ist unser bester Mann?“
Das Thema „geschlechtergerechte Sprache“ polarisiert. Die einen wollen die Sprache gerechter machen, die anderen sie so erhalten wie sie ist. Dabei muss das kein Widerspruch sein, denn das so genannte „Gendern“ lässt sich mit einigen wenigen Regeln realisieren.
Worum geht es eigentlich beim Gendern?
Das Wort „Gendern“ ist als so genanntes Lehnwort aus dem Englischen ins Deutsche aufgenommen worden. Es bedeutet, die Sprache geschlechtergerecht anzupassen.
Seit Ende 2018 haben Menschen in Deutschland die Möglichkeit, beim Eintrag ins Personenstandsregister außer den Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ auch die Option „divers“ zu wählen, die sogenannte „Dritte Option“ (Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I Seite 2635). Deutschland gehört nun zu den wenigen Staaten weltweit, die die Existenz von mehr als zwei Geschlechtern rechtlich anerkennen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wirkt sich nicht nur auf das Personenstandsrecht aus, sondern hat Folgen für viele weitere Bereiche. Im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) betrifft das vor allem den Diskriminierungsschutz im Arbeitsleben. (Quelle: www.antidiskriminierungsstelle.de).
Teilhabe aller geschlechtlichen Identitäten
Die Gerichtsentscheidung hat der seit rund 50 Jahren schwelenden Diskussion um geschlechtergerechte Sprache einen mächtigen Schub gegeben. Mit einem bewussten Sprachgebrauch sollen Frauen besser sichtbar und das Recht auf Teilhabe aller geschlechtlichen Identitäten zum Ausdruck gebracht werden. Dahinter liegt an sich also ein Grundwert unserer demokratischen Gesellschaft, der ebenso ein zentraler Wert unseres christlich-diakonischen Selbstverständnisses ist. Zudem steht dahinter die Leitidee einer vielfältigen Gesellschaft, in der alle Gruppen einen offenen Austausch suchen – und auch Institutionen zeigen dürfen, dass sie dialogfähig sind.
Woher kommt das Gendern geschichtlich?
In unseren westlichen Gesellschaften war das Gegenteil von Vielfalt über Jahrhunderte die vorherrschende Norm. Fast alle zentralen beruflichen Positionen waren Männern vorbehalten. Das spiegelt sich bis heute in der Sprache. Vieles wird grammatikalisch in der männlichen Form gesagt (das so genannte generische Maskulinum). Wir sprechen von Politikern, Ingenieuren, Ärzten oder Vorständen – auch wenn sich dahinter Frauen verbergen. Diese Subsummierung gilt zudem auch für alle jene Menschen, die sich in irgendeiner Form nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen und in einer männlich dominierten Welt lange als krankhaft abgetan wurden. Insbesondere für sie steht auch der so genannte Gender-Stern, ein Symbol, das es alternativ auch als „:“ gibt.
Die wichtigsten Basis-Regeln für die Karlshöhe
Diakon = Diakon*innen
(Arbeiten mit Genderstern)
nicht:
Diakon:innen; Diakon_innen; DiakonInnen
Pluralaufzählung als Alternative:
Diakone und Diakoninnen
Studenten = Studierende
Mitarbeiter = Mitarbeitende
(Arbeiten mit Partizipbildung)
Nicht jedes Substantiv muss gegendert werden, viele geläufige Formen gehen ebenfalls, z. B.: Gäste, Touristen. Das eigene Sprachgefühl zählt.
Keine Pronomen gendern:
jede*r/ jede* Leser*in,
da der Artikel dann auch dekliniert werden muss: der/die.
Folge: schwer lesbare Schachtelsätze.
Eine Kurzanleitung für Diakoniewerke gibt die Handreichung „Sie ist unser bester Mann“ der Diakonie Deutschland.
Wurde das Gendern staatlich angeordnet?
Das Gendern hat – über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hinaus – keine Regierung oder Universität von oben verfügt, wie das oft fälschlicherweise vermutet wird. Es gibt auch bis heute dazu kein allgemein verbindliches Regelwerk. Einige Mitarbeitende des ZDF und des Deutschlandfunks gendern, bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung niemand. Der Duden enthält einen Hinweisteil für geschlechtergerechten Sprachgebrauch, wenn auch ohne Genderzeichen. Denn der Rat für deutsche Rechtschreibung, der über die amtlich verbindlichen Rechtschreibregeln der deutschen Sprache berät, lehnt den Genderstern bisher ab. Auch er gibt jedoch Hinweise für die Geschlechtergerechtigkeit der deutschen Sprache. Das Gendern zeigt sich also als Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen.
Geht es auch ohne Genderstern?
Die Berliner Journalistin und Duden-Autorin Christine Olderdissen rät dazu, Genderzeichen mit Augenmaß einzusetzen. Allerdings sind diese kein Muss. Der auf der Karlshöhe erlaubte Genderstern, der aus „Mitarbeiter“ die „Mitarbeiter*innen“ macht, kann ebenso durch das Partizip „Mitarbeitende“ ersetzt werden, wie auch durch den Aufzählcharakter von „Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“. Wichtig und zentral: Es muss auch nicht jedes Substantiv gegendert werden, um Gendersensibilität zu beweisen, es reicht sozusagen ein einmaliges Gendern im Gesamt-Text. Christine Olderdissen hat den Duden-Ratgeber „Genderleicht. Wie Sprache für alle elegant gelingt“, (Dudenverlag) verfasst. Sie empfiehlt, mehr mit den vielen Möglichkeiten der Sprache zu arbeiten. „Das Geschlecht ist wichtig. Aber nicht immerzu, nicht in jedem Satz, nicht in jedem Textzusammenhang. Oft können wir Personenbeschreibungen weglassen oder ersetzen sie mit geschlechtsneutralen Partizipien. Was immer hilft, ist mit Sprache zu spielen: Wie kann ich meinen Gedanken so ausdrücken, dass sich alle angesprochen fühlen?“ sagt Olderdissen. Tipps dazu finden sich in ihrem Buch und auf der Website Genderleicht.de.
Christine Olderdissen
Gendern ist auch Geschmackssache
Dabei sind dem Gendern darüber hinaus keine Grenzen gesetzt – lediglich die der individuellen Toleranz. Wer die „Gästin“ mag oder die „Bösewichtin“, wird diese Begriffe gebrauchen, die für alle anderen nicht verpflichtend sind, auch wenn sie der Duden als Begriffe aufgenommen hat. Und wer nicht nur Substantive mit Sternchen gendert, sondern auch Pronomen, muss dann, wie in diesem Beispielsatz, auch jede*n berücksichtigen.
Michael Handrick
Zusammenfassung in Einfacher Sprache
Geschlechter-gerechte Sprache heißt:
Alle Geschlechter kommen in der Sprache vor.
Nicht nur Männer und Frauen. Auch andere Menschen.
Man hat deswegen in schwerer Sprache Zeichen erfunden.
Zum Beispiel den Gender-Stern:
Politiker*in
Gender-Stern spricht man so: Tschender-Stern.
Mit dem Gender-Stern sagt man:
Alle gehören dazu:
Männer
Frauen
Andere Geschlechter
Quelle: Der ganze Text ist im Blogpost „Gendern in Leichter Sprache“