Gebrauchtwarenladen schafft Jobs
Stand-by zurück ins Leben
Wer den Gebrauchtwarenladen der Karlshöhe besucht, der behält ein Bild zurück
von vielen fleißigen Händen, die mit beachtlichem Tempo Ware entgegennehmen, sortieren, einräumen und wieder verkaufen. Und alles dient einem guten Zweck.
Emanuel Molina: Zwei der fleißigen Hände, die im Gebrauchtwarenladen jeden Tag unermüdlich zupacken, sortieren und einordnen, gehören ihm.
Karlshöher Gebrauchtwarenhandel – das ist Mannschaftssport. Angefangen beim Entladen muss jeder Handgriff sitzen, jedes Stück hat seinen Weg, jeder Mitarbeiter seine feste Position im Ablauf. Das ist auch notwendig, denn in den Spitzenzeiten fahren an manchen Tagen bis zu 100 PKW in der Königinallee vor und entladen ihre Kofferräume.
Zwei der fleißigen Hände, die hier jeden Tag unermüdlich zupacken, sortieren und einordnen, gehören Emanuel Molina*. Der freundliche und zugewandte 41-jährige mit Basecap und Kinnbart hat keinen leichten Weg hinter sich: von einem, der sich nach schweren Schicksalsschlägen „nur noch selbst kaputt gemacht hatte“, bis hin zu einem engagierten Fachmann in der Sachspenden-Annahme.
Im Rahmen seines Betreuungskonzeptes hatte er vor zwei Jahren den Kampf um ein stabiles Leben aufgenommen. Mittlerweile zählt er zu den vier Vollzeit- und zwei Teilzeitkräften, die unter der Leitung von Diakonin Angela Franke den Takt vorgeben für die derzeit 23 weiteren Mitarbeitenden, die als Klienten auf der Karlshöhe leben oder vom Job-Center vermittelt werden. Manche sind psychisch krank und hatten ein Drogen- oder Alkoholproblem, andere waren schlicht aus dem Arbeitsmarkt herausgefallen. Die Tätigkeit im Gebrauchtwarenladen ist darauf angelegt, einen Tagesablauf einzuüben und Regelmäßigkeit zu trainieren. „Stand-by zurück ins Leben“, nennt Emanuel Molina das.
Die Erlöse kommen Hilfebedürftigen zugute
„Manche Sachspender verkaufen heute bei Nachlässen alles Wertvolle über Ebay und bringen uns leider nur den Rest“, sagt Diakonin Franke. Das sei ein zentrales Problem der gesamten Gebrauchtwarenbranche und als Trend in den letzten Jahren bedauerlich angestiegen. Das habe nichts mit Undankbarkeit zu tun, ganz im Gegenteil, man danke für jede Sachspende.
Doch nur ein Teil der Güter sei für den Wiederverkauf ideal, manches für eine weitere Vermarktung nicht geeignet. „Faxgeräte, Röhrenfernseher oder dicke Lexika-Bände aus früherer Zeit müssen wir selbst weiter kostenpflichtig entsorgen“, sagt Molina. Gleiches gelte beispielsweise auch für angemacktes Geschirr oder Textilien, die – trotz vielleicht hoher Markenqualität – völlig aus der Mode gekommen sind.
Viele Besucher spenden hingegen wertige Güter und müssen dann im letzten Moment doch noch einmal schlucken und innerlich Abschied nehmen. „Wir dürfen hier sehr vielen Menschen einen kleinen Zuspruch geben“, sagt Diakonin Franke. Häufig ist es der erschütternde Abschied von geliebten Familienangehörigen, der einer Haushaltsauflösung vorausgeht. An den Gegenständen hängen immer auch Schicksale, wie das eines verstorbenen Kindes, dessen Spielsachen unter Tränen übergeben werden.
„Oft erzählen die Spender, von wem die Sachen sind“, sagt Molina, der direkt an der Spendenannahme arbeitet. Er merke dann, dass es die Menschen nicht unberührt lässt. Auch wenn die Begegnung nur wenige Minuten dauere. Nicht nur Logistik sei dieser Job, resümiert Angela Franke, sondern eine Art Beziehungsarbeit mit betreuten Menschen, Sachspendern und Kunden: Empathisch und serviceorientiert und manchmal einen Tick selbstloser, als man es aushält.
Doch wie beim Mannschaftssport am Ende nur die erzielten Tore zählen, geht es im Gebrauchtwarenladen der Karlshöhe um fleißige Hände, die weiter beschäftigt sein wollen.
Sind die Waren einmal sortiert, finden sie schnell ihre Abnehmer. „Die meisten haben eher kleine Geldbeutel, andere suchen nach Antiquitäten“, sagt Molina. Die Erlöse kommen auf der Karlshöhe direkt bei den Menschen mit Unterstützungsbedarf an. Der Laden soll sich tragen, damit sie den Weg zurück ins Leben finden. „Einer ist jetzt Angestellter in einem Baumarkt und macht dort Karriere“, erzählt Diakonin Franke. „Der stand hier lange immer nur stumm in der Ecke. Dann hat er sich gefangen und ist durchgestartet. Das macht einen froh und auch ein bisschen stolz.“
*Name redaktionell geändert
Mit Sachspenden Gutes tun
Der Gebrauchtwarenladen der Karlshöhe freut sich besonders über gut erhaltende Haushaltswaren wie Töpfe, Trinkgläser und Bestecke (keine Einzelstücke), Elektro-Hausgeräte, Tupperware, modische Kleidung, Tischwäsche, Bettwäsche, Handtücher, Weißwäsche, kleinere Antiquitäten und Sammlungen, Kleinmöbel (keine Großmöbel), Briefmarken, Bücher und Gemälde.
Öffnungszeiten, Hygieneregeln und weitere Infos:
www.gebrauchtwarenmarkt.karlshoehe.de